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Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Urteil verkündet am 09.01.2009
Aktenzeichen: 14 U 102/08
Rechtsgebiete: HGB
Vorschriften:
HGB § 87 a |
2. Der Provisionsanspruch des Untervertreters bleibt auch dann bestehen, wenn der Hauptvertreter den eigenen Provisionsanspruch gegenüber dem Partner des Hauptgeschäfts nicht ordnungsgemäß verteidigt.
Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht
Urteil
Im Namen des Volkes
verkündet am: 09. Januar 2009
In dem Rechtsstreit
hat der 14. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig auf die mündliche Verhandlung vom 19. Dezember 2008
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das am 29. Mai 2008 verkündete Urteil des Vorsitzenden der Kammer für Handelssachen III des Landgerichts Lübeck wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe:
I.
Die Parteien streiten um die Zahlung und Rückzahlung von Provisionen aus einem zwischen der Rechtsvorgängerin der Klägerin, der Firma R, und der Beklagten geschlossenen Vertriebspartnervertrag, der von der Klägerin fortgesetzt wurde.
Die Beklagte vertreibt als Zwischenhändlerin Mobilfunkkarten, und zwar auch für den Provider X AG. Dazu bediente sie sich der Klägerin, bzw. deren Rechtsvorgängerin. In dem Vertriebspartnervertrag war vereinbart, dass die Beklagte für die über den Vertragspartner aktivierten Mobilfunkkarten eine einmalige Provision zahlte. In Ziff. 1.2 des Vertrages war im Übrigen Folgendes geregelt:
Voraussetzung für jeden Zahlungsanspruch ist, dass
a) A die Provision selber vom jeweiligen Provider erhält und
b) der Händler die Originalanträge binnen 1 Woche an A sendet.
Dies gilt auch, wenn es nicht ausdrücklich auf der Provisionsabrechnung erwähnt ist. Irrtümlich gezahlte oder vom Provider zurückgeforderte Provisionen werden auch von A zurückgefordert.
Im Laufe des Rechtsstreits hat die Beklagte unter Billigung der Klägerin vorgetragen, dass der Klägerin gemäß der von der Beklagten erstellten Anlage B 6 (Bl. 204 d.A.) eine Provisionsforderung in Höhe von 63.497,67 € zustände, wozu noch Stornierungen in Höhe von 3.395,25 € zu berücksichtigen seien. Ferner hat die Beklagte aber gegenüber dem verbleibenden Provisionsanspruch der Klägerin die Aufrechnung mit einem Rückzahlungsanspruch in Höhe von 60.560,75 € erklärt.
Zur Begründung ihres Gegenanspruchs hat die Beklagte vorgetragen, dass die Klägerin analog der §§ 87 a Abs. 2 HGB, 87 a Abs. 3 HGB verpflichtet sei, an sie die für 419 Mobilfunkverträge gezahlten Provisionen zurückzuzahlen. Denn in dieser Höhe habe auch sie, die Beklagte, eine Rückzahlung an den Provider leisten müssen, nämlich auf der Grundlage des mit diesem geschlossenen Vergleiches vom 26.10./03.11.2007. Schon mit Schreiben vom 21.04.2006 sei der Provider an sie herangetreten, weil aufgefallen sei, dass mit den von der Klägerin vermittelten Mobilfunkverträgen so gut wie gar nicht telefoniert worden sei. Der Provider habe nachgewiesen, dass die Klägerin die Endkunden in den 419 Fällen mit dem Hinweis zum Abschluss der Mobilfunkverträge verleitet habe, dass sie nicht telefonieren müssten. Ausdrücklich sei den Kunden gesagt worden, dass sie die Karte in die Schublade legen könnten. Hintergrund sei, dass die Klägerin unter Verwendung der für die Mobilfunkkarten erhaltenen Provisionen ein Geschäftsmodell entwickelt habe, wonach sie im Jahr 2005 in erster Linie Studenten extrem günstige DSL-Anschlüsse vermittelt habe. Einschließlich zweier Mobilfunkkarten habe sie den DSL-Anschluss für 5,00 €/Woche angeboten. Im Ergebnis seien diese Preise jedoch durch die X AG mit den für die Mobilfunkkarten gezahlten Provisionen subventioniert worden. Die von Mai bis August 2005 vermittelten 419 Mobilfunkverträge seien unter Vorspiegelung falscher Tatsachen vermittelt worden, da sich die Klägerin die Provisionen habe auszahlen lassen, obwohl für den Provider mit dem Abschluss dieser Mobilfunkverträge kein Umsatz verbunden gewesen sei.
Die Klägerin hat dazu erwidert, dass von einer Subventionierung durch die Provisionen keine Rede sein könne und dass sie das Geschäftsmodell ausdrücklich mit Vertretern der Beklagten bei einem Meeting in ... am 04.02.2005 besprochen habe. Die Beklagte sei einverstanden gewesen. Sie, die Klägerin, habe sukzessiv alle Geschäfte der Firma R übernommen, die dann als Einzelfirma zum 01.01.2006 eingestellt worden sei. Die Gewinne habe sie durch die DSL-Anschlüsse erwirtschaftet. An den Mobilfunkkarten habe sie nicht profitiert. Insoweit sei aber auch ein Mindestumsatz für die Endkunden nicht verpflichtend gewesen. Nur das habe sie ihrer Kundschaft mitgeteilt.
Das Landgericht hat der Klage - teilweise durch Versäumnisurteil - stattgegeben. Auf das angefochtene Urteil wird hinsichtlich der weiteren Einzelheiten einschließlich der dortigen Verweisungen sowie der erstinstanzlich gestellten Anträge Bezug genommen.
Dagegen richtet sich die frist- und formgerecht eingelegte Berufung der Beklagten.
Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat klargestellt, dass die Provisionsforderung der Höhe nach nicht mehr bestritten werde und im Übrigen vorgetragen, dass sie schon in erster Instanz wegen der Gegenforderung ausdrücklich darauf hingewiesen habe, dass die Mobilfunkverträge durch den Provider nicht storniert worden seien. Entscheidend sei vielmehr, dass die von der Klägerin vermittelten 419 Mobilfunkverträge von Juni/Juli 2005 bis 20.07.2007 nur zu einem Umsatz von 104,85 € geführt hätten. Bei 29 Verträgen habe der Umsatz während der ganzen Zeit unter 20,00 € gelegen. Sie, die Beklagte, habe deshalb die Provisionen an den Provider zurückführen müssen, so dass sie auch von der Klägerin die Rückzahlung der Provisionen verlangen könne. Der Klägerin sei es bei der Vermittlung der Mobilfunkverträge allein darum gegangen, einen hohen Gewinn zu erzielen, weil sie die DSL-Anschlüsse mit den Provisionen aus den Mobilfunkverträgen subventioniert habe. Die Rückforderung sei wegen der übermäßig hohen Quote sog. Nichttelefonie begründet. Die Klägerin habe die Endkunden ermutigt, keine Gesprächsumsätze zu machen. Das habe der Provider gegenüber der Beklagten nachgewiesen. Die Klägerin sei über das Rückforderungsverlangen der Fa. X von Anfang an unterrichtet gewesen. Für die Möglichkeit der Nachbesserung sei kein Raum, weil sich die Endkunden mit dem Nichttelefonieren vertragskonform verhalten hätten.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landgerichts Lübeck vom 29.05.2008 abzuändern und die Klage unter Aufhebung des Versäumnisurteils abzuweisen.
Die Klägerin stellt den Antrag,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie trägt vor, dass der Beklagten eine Gegenforderung nicht zustehe. Da eine Stornierung mit den Endkunden nicht vorliege, sei das Landgericht zu Recht davon ausgegangen, dass zwar ein Fall des § 87 a Abs. 3 HGB in Betracht komme, dass aber die Voraussetzungen für den darauf zu stützenden Schadensersatzanspruch von der Beklagten nicht dargetan seien. Die Beklagte habe die ihr obliegenden vertraglichen Verpflichtungen gegenüber der Fa. X nicht eins zu eins mit der Klägerin vereinbart. Im Gegenteil sei ihr, der Klägerin, gestattet gewesen, die Verträge gegenüber den Endkunden mit anderen Leistungen zu bündeln. Der vorgetragene geringe Telefonumsatz sei unsubstantiiert. Sie bestreite auch, dass die Beklagte die Provisionen für die 419 vermittelten Mobilfunkverträge habe zurückführen müssen. Welche Streitigkeiten zwischen der Beklagten und dem Provider durch den Vergleich beigelegt worden seien, sei nach dem vorgelegten Vergleichsprotokoll nicht erkennbar. Sie, die Klägerin, habe sich vertragskonform verhalten. Ein Mindestumsatz sei nicht vorausgesetzt gewesen.
Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien im Berufungsrechtszug wird auf die von ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet.
Der Beklagten steht der mit der Berufung weiter verfolgte Gegenanspruch gegen die Klägerin nicht zu. Zur Begründung wird zur Vermeidung von Wiederholungen in erster Linie auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen, die sich der Senat zu Eigen macht. Die mit der Berufung hiergegen erhobenen Bedenken greifen im Ergebnis nicht durch. Insoweit ist ergänzend Folgendes auszuführen:
Ein Rückzahlungsanspruch der Beklagten folgt nicht schon aus der Regelung in dem Vertriebsvertrag, wonach vom Provider zurückgeforderte Provisionen auch von der Beklagten zurückgefordert werden können. Denn diese Bestimmung ist nach § 87 a Abs. 5 HGB nur dann als wirksam zugrunde zu legen, wenn sie nicht als eine Erweiterung zu § 87 a Abs. 2 HGB und zu § 87 a Abs. 3 HGB verstanden wird. Da die Vertragsparteien nicht eine unwirksame Regelung vereinbaren wollten, ist davon auszugehen, dass die Beklagte lediglich unter den Voraussetzungen der §§ 87 a Abs. 2, 87 a Abs. 3 HGB von ihrem Untervertreter Erstattung verlangen können sollte.
Die rechtliche Ausgangslage für den Rückforderungsanspruch der Beklagten ist im Übrigen klar: Der Provisionsanspruch des Untervertreters, also der Klägerin, ist entstanden, sobald und soweit der Auftraggeber des Hauptvertreters, nämlich die X AG, das von der Klägerin vermittelte oder abgeschlossene Geschäft ausgeführt hat. Der Provisionsanspruch entfällt nur, wenn fest steht, dass entweder der Endabnehmer nicht an den Provider zahlte oder der Provider, mag er auch seinerseits vom Kunden die Leistung erlangt haben, den Provisionsanspruch des Hauptvertreters nicht erfüllte (BGH NJW 1984, 2881). Beides war hier nicht der Fall.
Dass auf das Rechtsverhältnis der Parteien Handelsvertreterrecht anwendbar ist, ist nicht zweifelhaft. In Anwendung der im Handelsvertreterrecht geltenden Vorschriften für das Entstehen und den Wegfall eines Provisionsanspruches ist nicht nur zu prüfen, ob ein Rückzahlungsanspruch nach § 87 a Abs. 2 HGB, sondern weiter auch, ob ein Rückzahlungsanspruch gemäß § 87 a Abs. 3 HGB in Betracht kommt. Die letzte Vorschrift regelt das Schicksal des Provisionsanspruches eines Handelsvertreters in den Fällen, wenn fest steht, dass der Unternehmer das Geschäft ganz oder teilweise nicht oder nicht so ausführt, wie es abgeschlossen worden ist. Der Provisionsanspruch entfällt nach § 87 a Abs. 3 S. 2 HGB im Falle der Nichtausführung für den Handelsvertreter nur dann, wenn und soweit diese auf Umständen beruht, die vom Unternehmer nicht zu vertreten sind. Demgegenüber betrifft die Regelung in § 87 a Abs. 2 HGB nur den Fall des § 87 a Abs. 1 S. 1 HGB. Steht fest, dass der Dritte nicht leistet, so entfällt der Anspruch des Handelsvertreters auf Provision nach § 87 a Abs. 2 2. Hs. HGB und sind die bereits empfangenen Beträge zurückzugewähren.
Beide Bestimmungen sind im streitgegenständlichen Vertreterverhältnis anwendbar. Der Anwendung kann nicht entgegengehalten werden, dass der BGH a.a.O. allein § 87 a Abs. 2 HGB als entscheidungserhebliche Norm angenommen hat (OLG Düsseldorf NJW-RR 1993, 1188, 1189).
Indessen sind die Tatbestandsvoraussetzungen beider Bestimmungen im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Auch eine analoge Anwendung scheidet hier aus. Das Landgericht hat ausgeführt, dass die Aufrechnung mit der Gegenforderung gemäß § 87 a Abs. 2 HGB nicht durchgreife. Zwar hätten wegen der in Frage stehenden 419 Fällen die Fa. X an die Beklagte und die Beklagte an die Klägerin Provisionen gezahlt. Die Anwendung von § 87 a Abs. 2 HGB scheide aber schon deshalb aus, weil es an dem Vortrag der Beklagten fehle, ob 1. die Verträge mit den Kunden storniert worden seien und 2. welcher Kunde wann oder gar nicht telefoniert habe. Die Zahlung der Provisionen sei offensichtlich nicht von einem Mindestumsatz abhängig gewesen. Der Provider sei seinerseits nur berechtigt gewesen, über die Beklagte die Provisionen zu stornieren, wenn die Kunden geworben worden seien, nur um Provisionen zu erlangen. An einer solchen Darlegung fehle es, worauf die Beklagte mehrfach hingewiesen worden sei. Im Übrigen sei nicht ersichtlich, dass die Fa. X berechtigt gewesen sein sollte, kurz vor Ablauf der Regellaufzeit der vermittelten Verträge wegen nicht hinreichenden Telefonierens die Provisionen zurückzuverlangen. Dies hätte normalerweise in den ersten sechs Monaten geschehen müssen.
Diese Feststellungen sind für das Berufungsgericht nach § 529 Abs. 1 ZPO nur dann nicht bindend, wenn konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Diese Voraussetzungen liegen im Ergebnis jedoch nicht vor.
Richtig ist zwar, dass die Beklagte schon in erster Instanz darauf hingewiesen hat, dass die Mobilfunkverträge durch den Provider nicht storniert worden seien. Die weiteren Ausführungen betreffen dann rechtliche Bewertungen, die im Ergebnis darauf hinaus laufen, dass das Nichttelefonieren durch die Endkunden der Stornierung gleich stehe. Das ist aus dem Hinweis der Beklagten auf die analoge Anwendung des § 87 a Abs. 2 HGB zu schließen. § 87 a Abs. 2 HGB ist unmittelbar nicht einschlägig. Auch für eine analoge Anwendung gibt es keine tatsächliche Grundlage.
Das Landgericht hat ausgeführt, dass die Aufrechnung mit der Gegenforderung gemäß § 87 a Abs. 2 HGB nicht durchgreife. Es hat dazu mit Recht deutlich gemacht, dass § 87 a Abs. 2 HGB schon tatbestandlich nicht eingreife. Das ist im Verhältnis der jeweiligen Endabnehmer zum Provider auch offensichtlich. Denn nach den mit dem Provider geschlossenen Mobilfunkverträgen waren die Endkunden nicht verpflichtet, eine bestimmte Anzahl an Gesprächen zu führen. Eine Mindestgesprächsdauer war insoweit nicht vereinbart. Nach § 87 a Abs. 2 HGB fällt der Provisionsanspruch aber nur weg, wenn fest steht, dass der Dritte, also der Endkunde des Providers, nicht leistet. Eine Nichtleistung der Kunden auf die vermittelten Geschäfte hat es hier nicht gegeben, weil die Kunden ihre Leistungen vertragsgemäß erbracht haben, auch wenn sie nur wenig oder gar nicht telefoniert haben.
Gleichwohl würde nach § 87 a Abs. 2 HGB der Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auch dann entfallen, wenn fest jedenfalls stünde, dass der Provider die Provisionen an den Hauptvertreter nicht gezahlt oder mit Recht zurückgefordert hätte (vgl. BGH NJW 1984, 2881, 2882). Denn wenn die Beklagte ihrerseits keine Provision erhalten hätte oder zurückzahlen müsste, wäre es sachlich nicht gerechtfertigt und rechtlich auch mit den für das Untervertretungsverhältnis maßgebenden Vorschriften des Handelsvertreterrechts nicht zu vereinbaren, der Klägerin gegen die Beklagte einen Provisionsanspruch nur deshalb zuzusprechen, weil der jeweilige Endkunde seinen Verpflichtungen gegenüber dem Provider und dem Auftraggeber der Beklagten genügte. Erhält der Hauptvertreter keine Vergütung, fehlt es ihm an den Mitteln, aus denen er im Rahmen seiner Vertragsbeziehung zum Untervertreter dessen Provisionsanspruch bestreiten könnte (BGH a.a.O.). Das muss entsprechend gelten, wenn er seine Provision zurückzuzahlen hätte.
Wie das Landgericht indessen zutreffend angenommen hat, haben diese Voraussetzungen hier nicht vorgelegen. Denn die Beklagte hatte die Provisionen erhalten und die Rückzahlung beruhte lediglich auf einem Vergleich mit dem Provider, an dem die Klägerin nicht beteiligt war, mag sie auch von den sich über lange Zeit hinziehenden Verhandlungen zwischen der Beklagten und dem Provider gehört haben. Zu Recht beruft sich die Klägerin insoweit darauf, dass der wirtschaftliche Hintergrund für den Vergleich unklar geblieben ist. Er ist in erster Linie den geschäftlichen Interessen der Beklagten zuzuordnen, ohne dass feststellbar ist, in welchem Umfang die von der Klägerin vermittelten Verträge allein oder im Zusammenhang mit anderen Geschäften der Beklagten im Verhältnis zum Provider eingeflossen sind. Für eine direkte oder analoge Anwendung des § 87 a Abs. 2 HGB ist unter diesen Umständen kein Raum.
Das gilt entsprechend auch für einen Rückzahlungsanspruch nach § 87 a Abs. 3 S. HGB. Nach S. 1 dieser Vorschrift wird der Provisionsanspruch des Handelsvertreters und damit ebenfalls des Untervertreters durch eine Nichtausführung des Geschäfts durch den Unternehmer grundsätzlich nicht berührt.
Eine solche Nichtausführung war hier aber nicht gegeben, weil der Provider die Mobilfunkverträge über Jahre mit den Endkunden fortgesetzt hatte. Zwar ist denkbar, dass die Voraussetzungen im Verhältnis der Beklagten zur Klägerin vorgelegen haben könnten, weil sich die Beklagte genötigt sah, im Wege des Vergleichs Provisionen an die Fa. X zurückzuerstatten. Der Provisionsanspruch des Untervertreters gegen den Hauptvertreter kann wegen Nichtausführung des Geschäfts aber auch dann nur entfallen, wenn auch der Provisionsanspruch des Hauptvertreters gegen den Unternehmer entfallen ist. Dies wiederum ist im Verhältnis zwischen Hauptvertreter und Unternehmer nach § 87 a Abs. 3 S. 2 HGB zu beurteilen (vgl. OLG Frankfurt OLGReport 2007, 500). Im Verhältnis zwischen der Beklagten und dem Provider liegen die Voraussetzungen schon deswegen nicht vor, weil der Provider die Mobilfunkverträge im Verhältnis zu den Endkunden fortführte. Wie das Landgericht bereits zutreffend ausgeführt hat, muss gelten, dass der Provisionsanspruch des Untervertreters auch dann bestehen bleibt, wenn der Hauptvertreter den eigenen Provisionsanspruch gegenüber dem Partner des Hauptgeschäfts nicht ordnungsgemäß verteidigt, d.h. die unrechtmäßige Stornierung, die der Partner des Hauptgeschäftes vornimmt, muss der Untervertreter nicht gegen sich gelten lassen, wenn er keine Möglichkeit hat oder ihm keine Möglichkeit eingeräumt worden ist, bei dem Kunden nachzubessern.
So war es hier. Denn auf den vorliegenden Fall übertragen ist von Bedeutung, dass die Klägerin keine Möglichkeit hatte, auf die Verhandlungen der Beklagten mit dem Provider Einfluss zu nehmen. Ob dieser von der Beklagten die Provisionen in den 419 Fällen zurückverlangen durfte, ist fraglich. Zwar sieht der zwischen dem Provider und der Beklagten bestehende Vertrag unter Ziff. III. 5. d) vor, dass der Provisionsanspruch rückwirkend entfällt, wenn der Abschluss von den Mobilfunkverträgen in der Absicht vermittelt wurde, Provisionen zu erlangen, ohne dass der Anschluss genutzt wird. Selbst wenn man davon ausgeht, dass dies auch im Verhältnis zur Klägerin gelten müsste, weil diese sich als Handelsvertreter im Rahmen der Interessenwahrungspflicht um die Interessen ihres Prinzipals zu kümmern hatte, so fehlt aber eine ausreichende tatsächliche Grundlage dafür, dass diese Voraussetzungen im vorliegenden Fall erfüllt waren, die Mobilfunkverträge von der Klägerin also nur in der Absicht vermittelt wurden, die Provisionen von der Beklagten zu erlangen.
In Betracht wäre in diesem Fall in erster Linie ohnehin ein Schadensersatzanspruch des Prinzipals, bzw. auch der Beklagten nach § 280 Abs. 1 BGB (positive Vertragsverletzung) gekommen. Dazu hat das Landgericht aber ausgeführt, dass solche Ansprüche ausdrücklich nicht geltend gemacht worden seien. Im Übrigen hätte dann auch bezüglich jedes einzelnen Kunden das Fehlverhalten der Klägerin oder der Firma R dargelegt und bewiesen werden müssen. Das ist auch mit der Berufung nicht geschehen.
Hiervon abgesehen ist aber auch fraglich, ob überhaupt eine Nebenpflichtverletzung der Klägerin angenommen werden könnte. Denn ohne eine vertragliche Fixierung lässt sich aus dem allgemeinen Grundsatz der Interessenwahrungspflicht des Handelsvertreters nicht herleiten, dass die Klägerin die Mobilfunkverträge nicht mit ihrem eigenen DSL-Angebot verbinden durfte. Dabei ist es unerheblich, ob die Klägerin mit den Vertretern der Beklagten ausdrücklich wegen ihres Geschäftsmodells ein Gespräch in ... geführt hatte. Etwas anderes würde nur gelten, wenn die Feststellung zu treffen wäre, dass es der Klägerin bei der Vermittlung der Mobilfunkverträge nur darum ging, Provisionen zu erlangen, um damit einen Gewinn bei ihren DSL-Anschlüssen zu erzielen. Dafür gibt es jedoch keine konkreten Anhaltspunkte. Denn Maßstab für die konkreten Pflichten ist zunächst einmal das, was die Klägerin nach dem schriftlichen Vertrag durfte. Im Verhältnis zur Beklagten war es ihr jedoch nicht untersagt, ihren DSL-Anschluss mit den Mobilfunkverträgen zu bündeln. Das bedeutete, dass sie nach den vertraglichen Absprachen nicht gehindert war, gegenüber den Endkunden ihren eigenen DSL-Anschluss mit jeweils zwei Mobilfunkverträgen zu einem gemeinsamen Preis zu verbinden. Dieser Preis betrug 22,00 € pro Monat, was zwar ein sehr günstiges Angebot war, was aber auf dem Markt der Telekommunikation keine Alleinstellung hatte. Zu dieser Feststellung bedarf es nicht der Einholung eines Sachverständigengutachtens, weil angesichts der frei zugänglichen Angebote der verschiedenen Anbieter für jedermann ersichtlich war, dass das Angebot der Klägerin zwar günstig, aber im Vergleich zu anderen Anbietern nicht konkurrenzlos war.
Zu Recht hat die Beklagte insoweit darauf verwiesen, dass sich beide Einzelteile (also DSL und Mobilfunkverträge) in der Hand des Providers hätten befinden müssen, um als Geschäftsmodell tragfähig zu sein. Rechtlich ist das aber unerheblich. Denn der Provider hätte unschwer vorsehen können, dass durch die Vermittlungsgesellschaften ein Angebot ... unterblieb. Auch hätte er für die Mobilfunkverträge einen Mindestumsatz vorsehen können. Alles das geschah hier aber nicht.
Bei der Beklagten kommt hinzu, dass sie nicht einmal konkret vorgetragen hat, dass ihr nicht bekannt gewesen sei, dass die Klägerin mit dem DSL-Anschluss und den Mobilfunkverträgen ein bestimmtes Geschäftsmodell verfolgte. Zwar hat sie bestritten, dass sie dem zugestimmt hätte, sie trägt aber nichts dafür vor, dass sie dieser Handhabung widersprochen habe. Für einen Schadensersatzanspruch der Beklagten besteht unter diesen Umständen kein Raum, selbst wenn die Mitarbeiter der Klägerin die Endkunden darauf hingewiesen haben sollten, dass sie die SIM-Karten in die Schublade legen könnten. Da ein Mindestumsatz nicht vorgesehen war, stand es den Endkunden frei, die Mobilfunkkarten nicht zu nutzen.
Nach allem konnte die Berufung keinen Erfolg haben und war mit der Kostenfolge aus § 97 ZPO zurückzuweisen.
Die weiteren Nebenentscheidungen folgen aus §§ 708 Nr. 10 und 711 ZPO. Die Voraussetzungen für den besonderen Schuldnerschutz des § 712 ZPO sind vorliegend nicht gegeben. Insoweit fehlt es schon an dem Vortrag, dass der Beklagten ein nicht zu ersetzender Nachteil durch eine mögliche Vollstreckung entstehen würde.
Die Revision war nach § 543 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordert.
Ende der Entscheidung
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